Die Sauerwasserstadt

Mit einer Schüttung von 44 Millionen Litern täglich hat Bad Cannstatt nach Budapest das zweitgrößte Mineralwasservorkommen Europas.

Die Hälfte des Wassers fließt in Bäder und Brunnen, die andere Hälfte direkt in den Neckar. Das Mineralwasser entsteht durch Versickern der Niederschläge im oberen Gäu, zwischen Gärtringen, Sindelfingen und Renningen. Durch Risse und Spalten im Muschelkalk gelangt es innerhalb von 15–20 Jahren nach Bad Cannstatt, wo es mit artesischem Druck zu Tage tritt. Auf seinem langen Weg nimmt das Wasser viele Mineralien aus den verschiedenen Gesteinsarten auf, durch die es fließt. Etwa 60 Tonnen Mineralsalze werden täglich ausgeführt, was der Füllmenge von drei Güterwaggons entspricht.

Doch nicht nur in Brunnen und Bädern wird das Mineralwasser genutzt, auch einige Wilhelmatiere dürfen das edle Nass genießen. Seelöwen und Flusspferde baden im Wasser des Brunnens im Maurischen Garten.

Schon ab 1830 wurde das Mineralwasser von den Cannstatter Ärzten Dr. Albert Veiel und Dr. Jakob Heine eingesetzt. Es hat heilende Kräfte bei rheumatischen Erkrankungen, Osteoporose, Arthrose, Herz- und Kreislauferkrankungen. Dies war nicht zuletzt ein Grund für Gottlieb Daimler, sich in Bad Cannstatt anzusiedeln.

Das Mineralwasser sorgte für die Blütezeit der Stadt Cannstatt Mitte des neunzehnten Jahrhunderts mit Besuchen des europäischen Hochadels und anderen prominenten Persönlichkeiten wie Honoré de Balzac. Auch die Stuttgarter Prominenz zeigte sich gerne in der Nachbarstadt am Neckar. Auf diese Zeit ist die Verleihung des Titels "Bad" 1933 maßgeblich zurückzuführen.

Andererseits trug das Mineralwasser auch früh zur großflächigen Ansiedlung von verschiedenen Gewerben in Cannstatt bei. Durch das warm aus dem Boden kommende und hochmineralisierte Wasser konnte man auch im Winter Mühlen eisfrei halten und so das ganze Jahr über betreiben. So trug das Mineralwasser maßgeblich zur Industrialisierung Cannstatts bei.

Noch heute steht es an allen Brunnen Bad Cannstatts rund um die Uhr kostenlos zur Verfügung.

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